Thema Unterbringung von Flüchtlingen in Jesteburg – warum es ein Dauerthema bleiben muss

Wie ist der Aufbau unserer kommunalen Strukturen?

Unsere kommunalen Strukturen bestehen aus der Gemeinde Jesteburg, der Samtgemeinde Jesteburg und dem Landkreis Harburg – und alle haben unterschiedliche Aufgaben und Pflichten. Die Gemeinde Jesteburg besteht aus den Ortsteilen Jesteburg, Itzenbüttel, Lüllau und weiteren. Sie hat u.a. die Aufgabe, die gemeindeeigenen Straßen in Schuss zu halten und z.B. Bebauungspläne auszuweisen. Der Gemeinde Jesteburg gehören auch Grundstücke wie z.B. Regenrückhaltebecken oder der ehemalige Reitplatz. Deshalb hat jede Gliedgemeinde sowohl eine/n Bürgermeister*in, einen Gemeinderat als auch einen eigenen Haushalt.

Unsere Samtgemeinde Jesteburg besteht aus den Gliedgemeinden Jesteburg, Bendestorf und Harmstorf. Die Samtgemeinde hat keine eigenen Steuereinnahmen, sondern finanziert sich über die so genannte Samtgemeindeumlage, die von den Mitgliedsgemeinden überwiesen wird. Zu ihren Aufgaben gehört die Trägerschaft der Grundschulen, die Verantwortung für den Brandschutz (Feuerwehr ist Samtgemeindesache!)  oder die Unterbringung von Obdachlosen. Deshalb benötigt die Samtgemeinde eine/n hauptamtlichen Samtgemeindebürgermeister(in), einen Samtgemeinderat und auch einen eigenen Haushalt. Eigene Flächen besitzt sie fast gar nicht.

Der Landkreis Harburg (mit Verwaltungssitz in Winsen) besteht aus vielen Samtgemeinden (Tostedt, Jesteburg, Hanstedt …), Einheitsgemeinden (wie Seevetal) und 2 Städten (Winsen & Buchholz). Der Landkreis finanziert sich maßgeblich über die Kreisumlage, die von den Samtgemeinden erhoben wird. Falls der Kreis diese Umlage erhöht, müssen die Samtgemeinden in der Regel ihrerseits die Umlagen ihrer Gliedgemeinden erhöhen, um die Zahlungen an den Kreis leisten zu können. Der Landkreis hat u.a. die Aufgaben der Schulträgerschaft über die IGSen, Oberschulen, Gymnasien etc. und daneben noch vieles mehr. Weiterhin hat der Landkreis vom Land Niedersachsen die Aufgabe übernommen, Flüchtlinge unterzubringen, die er nach einer bestimmten Quote u.a. an die Samtgemeinde Jesteburg überweist.

Wie wird die Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung in unserer Samtgemeinde gelöst?

Der Landkreis überweist die Aufgabe der Unterbringung von (grundsätzlich allen) Flüchtlingen an die Samtgemeinde, welche, mangels eigener Flächen, entweder Turnhallen von Schulen belegen müsste oder ihre Mitgliedsgemeinden Jesteburg, Bendestorf und Harmstorf befragt, ob es von deren Seite Flächen und Hilfe gibt.

Da es sinnvoll ist, dass die „Weltflüchtlinge“ in der Gemeinde mit dem größten Angebot an Versorgungs- und Inklusionsstrukturen untergebracht werden, hat 2015 die Gemeinde Jesteburg die meisten Geflüchteten aufgenommen und der Landkreis hat an verschiedenen Stellen im Ort Wohnraum angemietet oder in Form von Containern (Sandbarg) geschaffen. Auch in Bendestorf wurden Wohnungen durch den Landkreis angemietet.

Seit dem 24.02.2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine und „fördert“ damit – nüchtern beschrieben – die einigermaßen vorhersehbare Menge an ukrainischen Flüchtlingen. Unabhängig von den Ukraineflüchtlingen gehen Experten aber schon seit einigen Jahren davon aus, dass die Flüchtlingsströme in unsere Region zukünftig deutlich steigen werden. Das hängt nicht nur mit Krieg, Hunger, Armut oder falschen Versprechen zusammen, sondern ist auch eine Folge des Klimawandels. Mit steigenden Wasserpegeln aus der Gletscherschmelze oder zunehmenden Hitzesommern sollen mittelfristig ganze Landstriche im südlichen Europa unbewohnbar werden.

Da die Zahl der Weltflüchtlinge zunimmt und seit 2022 die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine dazukommen, stellt sich für die Samtgemeinde Jesteburg erneut die Frage: Wo können wir die steigende Anzahl Geflüchteter unterbringen?

Dass wir uns als Samtgemeinde unserer Verantwortung nicht verschließen, haben wir mit dem von uns Grünen beantragten Beitritt zur Initiative „Wir haben Platz“, der im Samtgemeinderat 2021 einstimmig angenommen wurde, bewiesen. Auch in der Gemeinde Jesteburg haben sich seit Jahren eine sehr lebendige Willkommenskultur und zahlreiche Hilfsangebote etabliert.

2022 erklärten sich die Eigentümer des „Stubbenhofes“ und des ehemaligen „Hotels Niedersachsen“ bereit, Geflüchtete aufzunehmen. Im Hotel wurden Weltflüchtlinge untergebracht und im „Stubbenhof“ hätten befristet bis zum 31.03.2023 bis zu 120 Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht werden können.  Aufgrund der unterschiedlichen Berichte und Hochrechnungen schwankten zwischen Juli 2022 und Dezember 2022 die wöchentlich zu erwarteten Flüchtlingszahlen zwischen 10 pro Woche und 100 pro Woche. Ende 2022 hieß es zeitweise, dass Niedersachsen insgesamt seine Bundesqoute erfüllt hätte und der Landkreis mit keinen weiteren Flüchtlingen zu rechnen habe.

Der Landkreis berichtet jedoch, dass weiterhin jede Woche eine Anzahl von neuen Geflüchteten auf die Gemeinden verteilt werden muss und in Winsen sogar schon Turnhallen belegt seien.

Die Situation für die Gemeinden wird auch dadurch komplizierter, weil der Landkreis zwar für die Weltflüchtlinge finanziell verantwortlich ist, die Ukraineflüchtlinge aber wegen einer Entscheidung des Bundes in das ehemalige „Hartz IV“-System aufgenommen wurden, also über das Jobcenter finanziert werden, und deshalb die Samtgemeinde für ihre „neuen Bürger*innen“ verantwortlich ist. Im Fall von drohender Obdachlosigkeit wäre die Samtgemeinde zuständig, Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Ab April 2023 sollte der Stubbenhof nicht mehr zur Unterbringung der Ukraineflüchtlinge genutzt werden können, da die Eigentümer mit dem Umbau beginnen wollten. Für diesen Fall musste vorgesorgt werden. Wohin mit den bereits angekommenen Flüchtlingen? Wohin mit den zukünftig ankommenden Flüchtlingen? Es wurden – formal gesprochen – die Gliedgemeinden von der Samtgemeinde angefragt. Die Gemeinden schlugen mögliche Standorte vor. Es kristallisierte sich heraus, dass der Reitplatz in Jesteburg der am besten geeignete Standort wäre (Schule, Einkauf, ÖPNV und Sport in unmittelbarer Nähe), um kurzfristig die Voraussetzungen zu schaffen, Containeranlagen für Flüchtlinge bereitzustellen.

In der Gemeinde Jesteburg entschied allerdings eine Ratsmehrheit aus CDU, FDP, WIN und UWG, dass dort nur Platz für 60 ukrainische Flüchtlinge geschaffen werden sollte, um die „restlichen“ Flüchtlinge „irgendwo anders in der Samtgemeinde“ unterzubringen. Begründet wurde das Votum wie folgt: Je weniger „Bebauung“ auf dem Reitplatz, desto mehr und schneller der Verkauf/Vermarkung des restlichen Grundstückes, um Geld in die klamme Gemeindekasse zu bekommen. Schließlich waren wir, nach einigen Ratsrunden auf Gemeinde- und Samtgemeindeebene, im Jahr 2023 angekommen. Immer wieder wurde hinterfragt, ob ausführlich genug gesucht wurde oder welche Alternativen es noch gäbe. 

Positiv ist zu sagen, dass in 2023 doch noch die Möglichkeit zu bestehen scheint, dass die Ukraineflüchtlinge weiterhin im Stubbenhof untergebracht bleiben können. Bleibt die Samtgemeinde Jesteburg jetzt auf den Kosten von ca. 4,5 Mio. aus den bereits angeschafften Containern sitzen? Das ist noch nicht klar! Aber die angeschafften Container und die zugehörigen Gründungskosten hätten an den Landkreis weiterverkauft/belastet werden können. Der Landkreis wäre bereit gewesen, (auf 5 Jahre befristet) die Container bei uns aufzustellen, zu betreiben und einen zusätzlichen Pachtzins für die Fläche zu zahlen. Das hätte also Einnahmen für unsere Gemeindekasse gebracht. Außerdem hätte man festlegen können, dass z.B. nur Familien oder Minderjährige dort untergebracht werden. Es hätte eine Win-Win-Situation geben können.

Leider hat die Ratsmehrheit aus CDU, FDP, WIN und UWG diese Möglichkeit abgelehnt.

Zur grünen Grundhaltung:

Menschen in Not zu helfen, ist für uns ein Ausdruck von Menschlichkeit.

Eine vielfaltige Gesellschaft kann voneinander lernen, aufeinander Acht geben und helfen, wo es notwendig ist. Eine Hauptrolle spielt nach der Migration die Integration. Integration in unsere Sprache, unser Wertesystem und das Miteinander, um einige Beispiele zu nennen.

Helfen wir gemeinsam also Menschen, die Hilfe benötigen, bei uns anzukommen!

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2 Kommentare

  1. Warum wurde die Unterbrindung von Flüchtlingen im intakten Tagungshotel Jesteburg nicht forciert? Laut Wochenblatt vom 29. Juni 2022 hat das Tagungshotel 112 Zimmern, 18 Tagungsräumen und Gruppenräume und Restaurant, ist mit W-Lan ausgestattet und wurde von der Basler Versicherungs AG an den Unternehmer Lücking verkauft. Die Nutzung als als Seniorenwohnheim Gesundheitszentrum mit verschiedenen Therapiemöglichkeiten und Ärzten scheiterte lt. Auskunft von Herrn Börner an Formalitäten. Derzeit wird das Anwesen von Kuhn und Witte gewerblich als Parkplatz für „Dritte Welt Autos“ komplett genutzt. Ob ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat ist mit nicht bekannt. Hier gilt es nachzufassen.

    1. Hallo Herr Adamietz,

      danke für Ihren Kommentar. Das Areal um das Tagungshotel ist nicht im Eigentum der Gemeinde oder Samtgemeinde. Wir wurden als Rat über die Verkaufsabsichten des ursprünglichen Eigentümers informiert und der Gemeinderat hatte sich auch mit dem Areal beschäftigt. Schlussendlich ist der Verkauf nicht an die Gemeinde gegangen. Die Auskünfte von Herrn Börner können wir nicht kommentieren oder bestätigen. Fakt ist, das Areal ist im Privateigentum und damit nicht in unserer unmittelbaren Verwendungshoheit, um dort Flüchtlinge unterzubringen.