Dürfen wir die Schulden von 3 Mio auf 10 Mio für die Gemeinde Jesteburg erhöhen?

Es ist 5 vor 12! Ja, im Hinblick auf den Klimawandel hat man das schon gehört.

Ich möchte im Folgenden aber auf unsere Haushaltslage eingehen und die unangenehmen Wahrheiten, denen wir uns stellen müssen, auf den Tisch legen.

Was unten ausführlich folgt, schon mal vorab in einem Satz zusammengefasst:

Im 1. Haushaltsentwurf läuft alles darauf hinaus, dass wir die Gemeinde Jesteburg von 2021 bis 2026 von 3 Mio Euro Schulden auf über 10 Mio Euro verschulden.

Auszug aus der Präsentation des Finanzausschussvorsitzenden in der Sitzung am 28.09.2022 in der Schützenhalle

Wir – als aktueller Rat – haben im November 2021 einen Gemeindehaushalt mit einer Verschuldung von 3,1 Mio und ganz vielen angestoßenen Projekten auf Gemeinde- , aber auch auf Samtgemeinde-Ebene geerbt, die nun finanziert werden müssen. Dazu gehören u.a.:

  • SG: Wir müssen eine Lösung für die Ganztagsbetreuungspflicht ab Schuljahr 2026/27 finden (Rechtsanspruch der Eltern).
  • SG: Um das Ganztagsbetreuungsangebot zu gewährleisten, sollten die Gebäudesanierungen der Grundschulen in Bendestorf und Jesteburg im Rahmen von Neu- bzw. Erweiterungsbauten durchgeführt werden.
  • SG: Die Feuerwehr Bendestorf benötigt ein neues Feuerwehrhaus (aus versicherungstechnischen Gründen).
  • SG: Das Rathaus braucht einen Anbau, um barrierefrei zu werden und die fehlenden Arbeitsräume zu schaffen.
  • GJ: Unsere Straßen haben einen Sanierungsstau von mind. 7 Mio Euro.
  • GJ: Wir leiten seit über 25 Jahren ungereinigt das Oberflächenwasser an etlichen Stellen in die Seeve, was schon seit längerer Zeit illegal ist.
  • GJ: Die Neugestaltung des Spethmanplatzes (mit anteiligen Fördermitteln)
  • GJ: Die europaweit beschlossene Barrierefreiheit der Bushaltestellen muss umgesetzt werden. (mit anteiligen Fördermitteln)
  • GJ: Wir müssen die Oberflächenentwässerung für das Gebiet nördlich der Seeve vom Sandbarg an durchführen.

Das soll kein Vorwurf an den letzten Rat sein, sondern eine Beschreibung der Lage. Viele der Themen sind wichtig und lange geplant.

Nach dem letzten Haushaltsentwurf (28.09.2022) sieht es so aus, dass wir im Jahr 2026 bei geplanten 10 Mio. Euro Schulden allein in der Gemeinde Jesteburg landen. Das ist eine Verdreifachung seit 2021.

Und dabei sind die möglichen zusätzlichen Jesteburger Belastungen aus dem gestiegenen Finanzbedarf der Samtgemeinde noch nicht enthalten. Diese kommen in Form einer Erhöhung der Samtgemeindeumlage für den Jesteburger Haushalt noch dazu, wenn die 4 Samtgemeindeprojekte umgesetzt werden.

Natürlich können wir nochmal die kommunalen Steuern erhöhen, um diese Kreditaufnahme zu finanzieren – z.B. die Grundsteuern um noch einmal 50% anheben. Schauen Sie dazu in Ihre letzte Grundsteuerabrechnung (oder die Nebenkosten Ihres Vermieters) und packen noch einmal die Hälfte dazu – wenn es uns allen das wert ist.

In dem aktuellen Schuldenplan sind dabei aber nur teilweise die Projekte aus der Liste aufgeführt. Das liegt daran, dass wir für viele der Punkte von der Liste noch gar keine exakten Kosten kennen.

Wenn wir davon ausgehen, dass die Samtgemeinde 30 Mio Euro für die beiden Schulen, das Feuerwehrhaus und das Rathaus veranschlagt (was viel zu wenig ist und nur die ersten 4 Punkte der Liste sind), dann würde eine zusätzliche Belastung von 700.000 € jährlich für die Gemeinde Jesteburg dazukommen. Das bedeutet, die Zeile „Fehlbetrag“ müsste noch einmal um 700.000 € erhöht werden und damit müssten auch weitere Schulden aufgenommen werden.

Auch noch offen ist eine Erhöhung der Kreisumlage. Dass sie 2023 kommt, ist unwahrscheinlich, als sicher gilt aber, dass sie spätestens 2024 kommen wird.

Daher sind die Schulden von 10 Mio Euro der Gemeinde Jesteburg voraussichtlich nur die untere Grenze.

Der aufmerksam Lesende fragt sich, warum wir keinen Fehlbetrag in 2024 haben. Dahinter verbirgt sich, dass bereits jetzt eingeplant wurde, das Reitplatzgelände mit einem Erlösüberschuss von 2 Mio Euro zu verkaufen. Ein Tropfen auf den heißen Stein – der aber auch nicht beschlossen ist.

Ich bin aufgewachsen nach dem alten bäuerlichem Prinzip:

Der Kartoffelacker ist zum Anpflanzen von Kartoffeln da – für mich und für die Generationen nach mir. Nicht, um ihn zu verkaufen.

Das soll sich nicht (nur) auf das Beispiel des Reitplatzes beziehen, sondern soll heißen: Wir haben die Verpflichtung, unseren Haushalt solide und stabil aufzustellen. Es darf nicht sein, dass wir unseren Kindern und Enkeln (oder auch schon dem nachfolgendem Gemeinderat ab 2026) eine überschuldete, „wüstengleiche“, weil „abgeerntete, Gemeindelandschaft“ übergeben.

Stattdessen müssen wir unsere Ausgaben prüfen und auch von lieb gewonnenen Projekten wieder Abstand nehmen. Es schmerzt natürlich, genehmigte Fördermittel nicht abzurufen. Aber wie viel bringt es uns, 1 Euro an Fördermittel abzurufen, wenn wir dafür 3,70 € ausgeben müssen, die wir gerade nicht haben?

Die Frage ist nur: Was aus der Liste streichen wir?

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